Forum für Kunst und Philosophie


Konstanze Caysa

Die avantgardistischen Parrhesiasten

experimentedesleibes

Zweites Treffen des Leipziger „Forum für Kunst und Philosophie“

Am 7. April 2017 fand das 2. Treffen des Leipziger „Forum für Kunst und Philosophie“ statt. (Vgl.: „Leipziger Zeitung“ vom 17. 02. 2017, Ausgabe 40, S. 10) Dieses Mal traf sich die Parrhesiasten-Runde in den Räumlichkeiten des Videokünstlers Hagen Wiel.

Er präsentierte sein videokünstlerphilosophisches Hauptwerk: seine Film-Triologie. Bestehend aus den Filmen „Wer singt leise in den Zweigen“, „Kimusawea“ und „Experimente des Leibes“.

Grundgedanke der Wielschen Triologie ist die zweite Geburt des Menschen als Künstler, der, scheinbar erwachsen, inmitten einer Welt voll Konventionen – in der Welt der „Anderen“ – sich seiner Eigenwelt, d.h. seiner eigenen Wahrnehmungsweise der Welt bewusst wird. Er entdeckt die Welt für sich vorturteilslos und damit „rein“ ohne sich von der damit einhergehenden Abweichung von der Normalität des Alltags der Anderen, seiner Ver-rücktheit, einschränken zu lassen. Er lebt als Künstlerphilosoph in seiner Eigenwelt und Eigenzeit und überwindet so den allgemein-offiziellen Zeitcharakter der äußeren Realität.

Hagen Wiel schafft es mit dieser Arbeit dem Betrachter einen Eindruck des zyklischen Moments beginnender künstlerischer Selbstwahrnehmung und damit der Geburt des Künstlers als Eigenwelt-Schaffender, als Metatropist, zu vermitteln. Seine Bildsprache beeindruckte die Teilnehmer des Forums.

Ard Benkert

Utopistenbund oder Selbstmörderclub

Eröffnung des Forums für Kunst und Philosophie

Eines scheint sicher: Alles wirbelt umher. Was ist noch oben? Was ist noch unten? Was ist wichtig? Was ist unwichtig? Was ist wirklich? Was ist unwirklich? Eine Zeitenwende findet statt. Die Werte werten sich um. Die alten Werte gelten nichts mehr und neue Werte sind nicht in Aussicht. Kurzum: Wir befinden uns in einer nihilistischen Situation. Und das war immer die Zeit der Kunst! Sie hat sich immer gegen den Sinndiätenwahn der bürgerlichen Sattheit gestellt.

In einer solchen Schwellenzeit initiierten die Künstlerphilosophin Konstanze Caysa und die Malerin Britta Schulze am 09. 02. 2017 ein „Forum für Kunst und Philosophie“ in Leipzig.

In einer Zeit, in der sich die Werte umwerten, wollen sie einen Gesprächsraum für die „Parrhesia“ – das offene Wahr-Sagen – schaffen und in dem die anstehenden Fragen der Zeit frei von moralischen Vorgaben diskutiert werden können. Worin besteht die Macht der Kunst in unserem Leben? Kann sie noch eine gemeinschaftsbildende Kraft sein? – sind ihre Fragen.

Versammelt waren aber eben nicht nur Künstler und Philosophen, sondern unter anderem auch Psychologen, Galeristen und Rechtsanwälte.

Konstanze Caysa brachte die Idee der Avantgarde wieder ins Gespräch und die romantische Genieästhetik. Sie meinte, der Begriff der künstlerischen Avantgarde, des Genies sei auf den Hund gekommen und dass dies mit unserer Glückseligkeitsgesellschaft zu tun hätte. Leben wir nicht in der schönsten aller Welten? Wozu noch kämpfen an der Sinnfront?

Britta Schulze reflektierte über das Konzept einer Quadratur der Macht. Was heißt es der Macht eine Form zu geben? Worin besteht die Schönheit der Macht und die Macht der Schönheit?

Teilnehmer dieser Gründungsveranstaltung fühlten sich erinnert an das Jahr 1911, in dem der „Blaue Reiter“ gegründet wurde. Und tatsächlich: Dieses Unternehmen scheint völlig unzeitgemäß. Schließlich leben wir doch trotz aller Krisen in relativer Sicherheit. Aber vielleicht liegt da das Problem. Wir bemerken bei aller Sicherheit nicht, wie unsicher unsere Situation ist. Grundlegende Probleme stehen an. Aber anstatt sie offen auszusprechen werden sie beschwiegen oder erst dann thematisiert, wenn es zu spät ist.

Die Initiatoren dieses Forums streben an einen offenen Gesprächsraum für das zu schaffen, was auf uns zukommt.

Es wird sich erweisen, ob es sich um einen Utopistenbund oder um einen Selbstmörderclub handelt.

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